Meine Meinung zum Schneiden (Volksmund: Ritzen)

Zu aller Erst sei gesagt, dass man diesen Text bis zum Ende lesen sollte, um meine Meinung zu verstehen. Obwohl, es ist mir eigentlich egal; verurteilt werde ich sowieso.

Ritzen, schneiden, cutting, was auch immer. Es ist ein fürchterlicher Trend, der sich nun schon seit mehreren Jahren durchsetzt. Es mag falsch sein, das als Trend zu bezeichnen, aber ich weiß keinen besseren Begriff dafür und habe mich auch bewusst für diesen Begriff entschieden. Meine Gründe dafür werden nach dem Lesen dieses Posts eindeutig sein.
Ich finde es erschreckend, wie viele Menschen mittlerweile irgendwelche Narben an ihrem Körper tragen, die sie sich selbst zugefügt haben. Mich interessiert es nicht, ob sich eine Person schneidet, oder nicht, weil es nichts an dem Charakter der Person ändert. Entweder mag ich jemanden oder nicht, da interessiert es mich einen Scheiß, ob die Person Narben am Körper hat oder nicht.
Ich selbst kenne einige Personen, die sich schneiden oder geschnitten haben, obwohl es ihnen eigentlich so gut ging. Ich kannte mal eine Person, die wirklich alles hatte, was das Herz begehrt (außer vielleicht eine glückliche Beziehung) und sich trotzdem regelmäßig geschnitten hat. Ich wurde regelmäßig vollgeheult, wie schlimm das Leben dieser Person war und irgendwann wurde mir einfach nur noch schlecht, wenn ich mir das anhören musste. Da ich selbst sehr lange an einem schlimmen psychischen Tief litt - Ich weiß bis heute nicht, ob es sich dabei um eine Depression handelte, da ich mir nie eine Diagnose eingeholt habe. Es ist jedoch nicht auszuschließen. - wusste ich, wie sich eine Person verhält, der es schlecht geht und die Hilfe nötig hat. Es war der Horror mir diese Erzählungen von einem "ach so schlimmen Leben" anhören zu müssen. Stellt euch mal bitte vor, dass diese Person während ihren ständigen Erzählungen, die sie auch nie wirklich beendete, einen ablachen konnte. Der Witz an der Sache war, dass diese Person das bei allen ihrer Bekannten tat. Nun ja, genug davon. Seit dem weiß ich, dass es wirklich Menschen gibt, die sich irgendwelche physischen Schäden zufügen, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Außerdem ist es mir seit dem peinlich, dass ich mich geschnitten habe, da es sicherlich Menschen geben wird, die mich vor lauter Oberflächlichkeit auch als eine Person einstufen würden, die das nur gemacht hat, um Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Was ich so schlimm finde, ist, dass man mittlerweile auch nicht mehr erkennt, ob jemand wirklich Hilfe benötigt oder einfach nur der typische Tumblr-Teenager ist, der das halt macht, weil irgendetwas schief gelaufen ist.
In meiner Meinung ist es eine Beleidigung aller Menschen, die wirklich ersthafte Probleme haben, ein Bild von seinem zerschnittenen Arm ins Internet zu stellen, da eine Person, die wirklich depressiv ist und das aus Verzweiflung tut, niemals Bilder davon ins Netz stellen würde. Nein, so jemand leidet still und heimlich vor sich hin und versucht jeden Tag auf's Neue, sich nichts anmerken zu lassen.
Lasst uns etwas spinnen... Was wäre, wenn dieses Thema nie durch die Medien gegangen wäre, also niemand jemals etwas davon gehört hätte; wie viele Menschen würden das dann tun? Ich schwöre euch, dass es mindestens fünfundsiebzig Prozent weniger wären, als jetzt. Wieso? Ganz einfach: Heute ist das mehr oder weniger etwas Normales. Viele machen das, ohne überhaupt zu wissen, warum. Sie haben es irgendwo gesehen, dachten 'krasse Sache, muss ich mal probieren' und haben das dann einfach gemacht, zumindest stell ich mir das so vor, da es nicht sein kann, dass jeder zehnte sich tagtäglich die Arme oder was auch immer aufschneidet und es am darauffolgenden Tag in der Schule jeder sieht, obwohl nur zwei Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung tatsächlich am Borderline-Syndrom leiden.
Abgesehen davon, dass sich, wie gesagt, eine Menge Leute schneiden, obwohl sie keinen wirklichen Grund dafür haben, möchte ich eine rein logische Meinung dazu abgeben: Ich kann verstehen, dass es Menschen gibt, die den Schmerz brauchen, um zu spüren, dass sie noch am Leben sind, aber eigentlich ist das Schneiden absolut sinnlos. Es mag ein gutes Gefühl auslösen; von Beruhigung, über Erleichterung bis hin zur Lebendigkeit, aber es löst keine Probleme. Es bringt hässliche Narben mit sich, die auch nach Jahren noch für dämliche Blicke und dumme Witze sorgen werden. Darüber sollte man sich definitiv vorher bewusst sein.
Ich kann mir vorstellen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die Druck abbauen, indem sie sich selbst Schmerzen zufügen, da ich selbst so ein Mensch bin. Ich bin bereits im Kindergarten aufgefallen, weil ich regelmäßig irgendwelche Blutergüsse hatte, weil ich mal wieder wie wild auf mich selbst eingeschlagen habe. Das zog sich über Jahre hin, bis ich irgendwann angefangen habe, mit Nadeln meine Haut aufzustechen. Es ist kein großes Geheimnis, dass ich mich auch regelmäßig geschnitten habe, allerdings waren das nur ein paar Monate, da ich mir davon nichts abgewinnen konnte; allerdings muss ich auch zugeben, dass ich es auch nur aus den Medien kannte und nicht allein auf diese Idee gekommen bin. Ich habe im Schneiden nur eine Alternative zu den Schmerzen, die ich mir sonst zugefügt habe, gesucht. Ich habe mich in der Schule geschämt, wenn alle beim Schulsport meine Narben angestarrt haben, weil ich gezwungen wurde, zur Leistungsüberprüfung meine Jacke auszuziehen und ich nichts um den Arm haben durfte. So habe ich bereits nach einem halben Jahr wieder damit aufgehört. Noch heute werden hier und da mal ein paar Witze über meine Narben gemacht. Ich schäme mich zwar nicht dafür, da ich weiß, aus welchen Gründen ich das getan habe, aber es ist trotzdem kein schönes Gefühl, sofort als Emo eingestuft zu werden.
Da ich mich mit dem selbstverletzenden Verhalten bestens auskenne, ist meine Meinung zum "Ritzen" dementsprechend wirklich scheiße, aber dafür habe ich eine ganz einfache Begründung: Das, wovon ihr alle redet, ist ein Trend, aber das konnte man ja schon lesen und ich habe tief in mir einen Hass auf jede(n), der diesem Trend nachgeht, ohne Gründe dafür zu haben.
Natürlich gibt es wirklich Menschen, die an autoaggressivem oder selbstverletzendem Verhalten leiden und sich mutwillig physische Schmerzen zufügen, aber dies äußert sich seltenst im sogenannten Ritzen. Diese Menschen tun mir absolut leid, zum einen, weil man eben mittlerweile oft in eine Schublade mit diesen "Ritzern" gesteckt wird und zum anderen, weil ich weiß, wie fürchterlich es ist, mit dieser Störung zurecht zu kommen. Vielleicht sollte man zwischen "Ritzen" als Trend und dem selbstverletzenden Verhalten als psychische Störung noch einmal einen großen Unterschied machen.

Vor langer Zeit bin ich bei YouTube auf ein tolles Video zu diesem Thema gestoßen, wer Interesse hat, kann es sich ja anschauen.



Update: Ich habe heute eine tolle Meinung zu diesem Thema gelesen, die ebenfalls aussagt, dass hilfebedürftige Menschen nicht mehr erkannt werden können.




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