Dorf vs. Stadt?

Widmen wir uns doch heute mal einem Thema, das mir in letzter Zeit ziemlich oft untergekommen ist.
Es ist inzwischen kein großes Geheimnis mehr, dass ich seit meiner Geburt in Dresden lebe und es seither nicht wirklich weit weg von dort geschafft habe. Ich bin also an das Leben in der Stadt gewöhnt und kann mir ehrlich gesagt auch kaum etwas anderes, als das Stadtleben für mein persönliches Wohlbefinden vorstellen.
In letzter Zeit habe ich allerdings immer mehr mit dem Leben auf dem Dorf zu tun, obwohl das nicht zwingend meinem Stil entspricht.
In meiner Klasse hatte ich wenige Mitschüler, die jeden Morgen aus der an Dresden angrenzenden Gemeinde zu uns in die Schule gefahren sind, weil es bei ihnen kein Gymnasium gibt. Sie wurden grundsätzlich ausgelacht, weil sie vom "Dorf" kamen... Von daheim brauche ich eine viertel Stunde, um mit dem Bus in dieses "Dorf" zu fahren. Insofern sprechen wir hier weniger vom Dorf, sondern eher von den typischen Suburbs.
Ein Kumpel von mir hat eine Freundin, die auf dem Dorf wohnt und zu allem Überfluss ist mein Opa vor Kurzem auch nach Jahren in der Stadt zurück aufs Dorf gezogen.
Nun hielt ich es für eine gute Idee, ihn besuchen zu fahren und ich muss sagen, dass es eigentlich echt angenehm ist, hier zu sein. So ganz objektiv betrachtet, kann ich wirklich verstehen, dass es Menschen gibt, die freiwillig aufs Dorf ziehen.
Kommen wir nun also zum idealen Duell von Dorf und Stadt...

Vergleichskriterium #1: Die Mentalität der Menschen
In der Stadt kann es durchaus vorkommen, dass man nicht einmal weiß, wer sein Nachbar ist, während das Leben auf dem Dorf von einem unglaublich freundschaftlichen Verhältnis untereinander geprägt ist. Ich war schwimmen und als mein Opa mich abgeholt hat, saß er beim Inhaber der Imbissbude und unterhielt sich mit ihm über die Leute, die er von früher kannte, obwohl er den Verkäufer gar nicht wirklich kennt. Auch ich habe mich sofort sehr freundlich mit ihm unterhalten können. Er erzählte mir davon, was man hier in der Gegend alles machen kann und war auch sehr interessiert an meinen Erzählungen über die Stadt. Er sagte zum Beispiel, dass es hier Standard ist, "Hallo" und "Tschüss" zu sagen, wenn man ins Bad oder in eine Kneipe kommt. Das sind Dinge, die ich nicht kenne. In der Stadt lebt man im Stress und rennt quasi von einem Termin zum Nächsten und die Leute sind oft unhöflich und egoistisch.
... 1:0 fürs Dorf!

Vergleichskriterium #2: Unterhaltung
Beurteile ich das, was ich hier auf dem Dorf gesehen habe, muss ich sagen, dass die Möglichkeiten hier nicht weniger sind, als die in Dresden. Die Touristen hier wollen vor allem eines: Wandern. Das ist nun eine absolute Geschmackssache... Die Wanderwege hier werden sehr gelobt. Es gibt viele Bergwege und auf den Bergspitzen sind oftmals schöne Kneipen und kleine Restaurants, aber ich hasse wandern.  Ich bin im Sommer sehr interessiert am Schwimmen und das ist hier weitaus angenehmer, da die Bäder nicht so überfüllt sind. Es gibt hier auch einen schönen Kletterwald. Dann war ich in einem sehr schön eingerichteten Heimatmuseum, obwohl ich nicht weiß, wie die in Dresden so sind.
Gestern war ich auf einem Rummel, auf dem weitaus mehr los war, als auf dem in Dresden.
Prinzipiell gilt aber trotzdem, dass die Möglichkeiten in der Stadt überwiegen. Es gibt Konzerte, Festivals, Shoppingmöglichkeiten und so weiter. Das kann man auf dem Dorf natürlich vergessen. Bis auf die Wanderwege hat das Dorf also leider rein theoretisch nichts zu bieten, was die Stadt nicht auch bieten kann. Mein Punkt geht an die Stadt, aber es handelt sich hier um eine klare Geschmackssache!
... 1:1!

Vergleichskriterium #3: Öffentliche Erreichbarkeit und Mobilität
Hier fahren vier Buslinien. Bisher habe ich aber nur einen Bus hier gesehen und das war der, mit dem ich gefahren bin... ansonsten ist hier Funkstille. Mein Opa sagt immer, dass man ohne ein Auto aufgeschmissen ist. Vorteilhaft ist, dass hier alles recht nah beieinander liegt und man viel zu Fuß erreichen kann, jedoch kostet das natürlich sehr viel Zeit. Es gibt hier auch noch einen Zug, der im Stundentakt in die nächste Stadt fährt. Es gibt also zumindest theoretisch eine mobile Anbindung, wenn auch nur selten und tagsüber. Ich habe hier zu meinem persönlichen Leidwesen auch leider nie ordentlichen Handyempfang.
Ich denke, dass wir hier nicht weiter über die Stadt reden müssen. Allein Dresden hat ein sehr komplexes Liniennetz, was sogar in der Nacht noch recht gut zu nutzen ist. Die mobile Anbindung in der Stadt ist also definitiv besser. Hier gibt es guten Handyempfang, aber ich hatte es schon oft, dass hier das Netz überlastet war.
... 1:2 für die Stadt!

Vergleichskriterium #4: generelle Versorgung
Bei mir daheim ist alles, was das Herz begehrt, schnell und unkompliziert erreichbar. Zehn Minuten zu Fuß und ich habe zwei Lebensmittelläden, einen Rossmann, eine Sparkasse und einen Pfennigpfeiffer. Brauche ich neue Klamotten, bin ich mit der Bahn in zehn Minuten in der Stadt. Der nächste Baumarkt (den ich eigentlich nie brauche), ist mit dem Bus höchstens zwanzig Minuten entfernt. Es gibt auch überall Ärzte, falls mal gesundheitliche Probleme auftreten sollten.
Auf dem Dorf habe ich es wie folgt beobachtet: Es gibt ein paar Bäcker, einen Dönerkebab, zwei Nettos und einen unglaublich teuren Baumarkt - für den Rest muss man in die Stadt fahren. Es gibt hier allerdings auch zwei Banken, eine Poststelle und Kirchen. Tankstellen gibt es hier in der Gemeinde leider nicht... Macht nichts; hier fahren alle zum Tanken nach Tschechien.
Hier gilt also im Endeffekt wieder die Aussage meines Opas: Ohne Auto ist man hier aufgeschmissen.
...1:3 für die Stadt!

Fazit
Nach den Punkten zu urteilen, ist das Stadtleben natürlich besser - wie zu erwarten war. Trotzdem muss ich sagen, dass ich persönlich das Dorfleben mittlerweile fast schon lieb gewonnen habe. Man lernt hier auf jeden Fall, Prioritäten zu setzen und die kleinen Dinge im Leben zu schätzen. Der schlechte Handyempfang hat mich hier zum Beispiel überhaupt nicht gestört, weil ich mich so viel in der Umgebung umgeguckt habe und ständig was unternommen habe. Mich nervt hier dafür aber, dass ich fast überall hin laufen musste, weil ich kein Auto habe (und es im Übrigen auch nicht bedienen kann...). Zwar hält es fit, aber auf Dauer wäre es nicht mein favorisierter Lebensstil. Für mich spielt Mobilität eine große Rolle, weil ich einfach sehr spontan bin.
Einen großen Bonuspunkt bekommt wie gesagt die Mentalität der Menschen hier - sowas erlebt man in der Stadt einfach nicht.
Ich würde mein Stadtleben nicht gegen das Leben auf dem Dorf eintauschen, jedoch liebe ich es, hier Urlaub zu machen, weil es wirklich entspannt.

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